Aktuelles Urteil des OLG Hamm zum Familienrecht:
Reichlich Streitpotenzial bietet im Falle einer Trennung die Frage der Berücksichtigung von fiktivem Eigentum. Dies gilt sowohl auf Seiten von Unterhaltsverpflichteten als auch bei Unterhaltberechtigten.
Wer ein fiktives Einkommen zum Gegenstand des Rechtsstreites wegen Unterhaltszahlungen macht, hat dieses durch Vorlage entsprechender Beweisangebote zu bekräftigen.
In einem vom Oberlandesgericht Hamm entschiedenen Fall war der unterhaltsverpflichtete Vater beweispflichtig für die Behauptung, dass er mangels Schulabschluss und abgeschlossener Berufsausbildung nicht in der Lage sei, eine Tätigkeit auszuüben, die ihn zur Zahlung des höheren Unterhaltes befähigt hätte.
Die Unterhaltsberechtigte konnte nachweisen, dass der Vater als Inhaber entsprechender Lkw-Führerscheine schon als Auslieferungsfahrer und sogar als Inhaber eines Fuhrunternehmens tätig war.
Insofern wurde ihm ein angemessenes fiktives Einkommen unterstellt und angerechnet, er dagegen vom Gericht nicht als ungelernte Arbeitskraft bewertet.
Auch den Einwand des Unterhaltsverpflichteten, dass er aufgrund der Einnahme von Medikamenten nicht arbeitsfähig sei und sich entsprechend nicht auf eine Anstellung bewerben könne, ließ das Oberlandesgericht nicht gelten.
Denn selbst wenn unter Umständen zeitweise krankheitsbedingte Ausfälle zukünftig nicht auszuschließen seien, so verwies das OLG auf das Recht des Unterhaltsverpflichteten, dass er bei Einstellungsgesprächen entsprechende Risiken seiner krankheitsbedingten Ausfälle nicht offensiv gegenüber dem zukünftigen Arbeitgeber ansprechen muss.
Dieser Fall zeigt auf, dass die Anrechnung fiktiven Einkommens vielfach nicht auszuschließen ist, wenn entsprechende realitätsnahe Argumente vorgebracht werden.
Dies gilt selbst verständlich auch auf Seiten der Unterhaltsberechtigten. Hier kann das fiktive Einkommen den Unterhaltsanspruch erheblich mindern, wenn der Unterhaltsberechtigte stichhaltige Argumente nicht vorbringt, warum seine/ihre Arbeitsfähigkeit eingeschränkt sei.
Auch Unterhaltsberechtigte, die während der Ehezeit jahrelang ihrer Berufstätigkeit nicht mehr nachgegangen sind, haben nachzuweisen, dass sie im Falle der Trennung gesundheitlich nicht mehr in der Lage sind, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Ob sie in der Lage sind, ihren ehemaligen Beruf wie früher auszuüben, spielt dabei erst einmal eine untergeordnete Rolle. Dies schließt nicht aus, dass sie auch einer anderen Erwerbstätigkeit nachgehen können, die weniger Einkommen als im früher ausgeübten Beruf einbringt.