Zum Urheberrecht, hier filesharing:
In den vergangenen Jahren waren viele
Mitbürger Empfänger von Abmahnungen mit dem Vorwurf, sie hätten über ihren Internetanschluss rechtswidrig fremde Werke wie Filme oder Musik verbreitet oder zur Verfügung gestellt. In vielen
Fällen waren sich die Betroffenen eines Rechtsverstoßes nicht bewusst sondern waren sich sicher, dass sie von den streitgegenständlichen Werken niemals gehört hatten, geschweige denn diese
wissentlich im Internet heruntergeladen und zugleich angeboten zu haben.
In diesen Fällen kam unweigerlich die Frage auf, ob der Internet Anschluss ausreichend durch ein Passwort gesichert war. Doch selbst wenn die Betroffenen das für sie Notwendige zur Absicherung
ihres Anschlusses getan hatten, war die Beweislage für sie äußerst schwierig, so dass sie weiterhin wenn nicht als Täter so zumindest als sogenannte Störer in Anspruch genommen wurden. Viele
waren insofern gezwungen, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung zu unterzeichnen und konnten dennoch die Vorwürfe gänzlich nicht verstehen und nachvollziehen.
Der Bundesgerichtshof hat nun in einem aktuellen Fall zu diesem Thema eine wegweisende Entscheidung gefällt und für das einschlägige Urteil (I ZR 220/15) unter der Nummer 212/2016 folgende
Pressemitteilung unter ausführlicher Aufführung des Sachverhaltes herausgegeben.
Zitat:
"Die Klägerin ist Inhaberin von Verwertungsrechten an dem Film "The Expendables 2". Sie nimmt die Beklagte wegen des öffentlichen Zugänglichmachens dieses Filmwerks im Wege des "Filesharing" auf Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch. Der Film ist im November und Dezember 2012 zu verschiedenen Zeitpunkten über den Internetanschluss der Beklagten durch einen unbekannten Dritten öffentlich zugänglich gemacht worden, der sich unberechtigten Zugang zum WLAN der Beklagten verschafft hatte. Die Beklagte hatte ihren Internet-Router Anfang 2012 in Betrieb genommen. Der Router war mit einem vom Hersteller vergebenen, auf der Rückseite des Routers aufgedruckten WPA2-Schlüssel gesichert, der aus 16 Ziffern bestand. Diesen Schlüssel hatte die Beklagte bei der Einrichtung des Routers nicht geändert. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.
Der Bundesgerichtshof hat die Revision der
Klägerin zurückgewiesen. Er hat angenommen, dass die Beklagte nicht als Störerin haftet, weil sie keine Prüfungspflichten verletzt hat. Der Inhaber eines Internetanschlusses mit WLAN-Funktion ist
zur Prüfung verpflichtet, ob der eingesetzte Router über die im Zeitpunkt seines Kaufs für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen, also einen aktuellen Verschlüsselungsstandard sowie ein
individuelles, ausreichend langes und sicheres Passwort, verfügt. Die Beibehaltung eines vom Hersteller voreingestellten WLAN-Passworts kann eine Verletzung der Prüfungspflicht darstellen, wenn
es sich nicht um ein für jedes Gerät individuell, sondern für eine Mehrzahl von Geräten verwendetes Passwort handelt. Im Streitfall hat die Klägerin keinen Beweis dafür angetreten, dass es sich
um ein Passwort gehandelt hat, das vom Hersteller für eine Mehrzahl von Geräten vergeben worden war. Die Beklagte hatte durch Benennung des Routertyps und des Passworts sowie durch die Angabe, es
habe sich um ein nur einmal vergebenes Passwort gehandelt, der ihr insoweit obliegenden sekundären Darlegungslast genügt. Da der Standard WPA2 als hinreichend sicher anerkannt ist und es an
Anhaltspunkten dafür fehlt, dass im Zeitpunkt des Kaufs der voreingestellte 16-stellige Zifferncode nicht marktüblichen Standards entsprach oder Dritte ihn entschlüsseln konnten, hat die Beklagte
ihre Prüfungspflichten nicht verletzt. Sie haftet deshalb nicht als Störerin für die über ihren Internetanschluss von einem unbekannten Dritten begangenen Urheberrechtsverletzungen. Eine bei dem
Routertyp bestehende Sicherheitslücke ist in der Öffentlichkeit erst im Jahr 2014 bekannt geworden." (Zitat Ende)
Durch dieses Urteil haben jedenfalls diejenigen gute Chancen auf eine für sie positive Rechtsprechung, die nachweisen können, nach Installation ihres Routers das von dem Hersteller angegebene Password durch ein individuelles ersetzt zu haben. In dem Falle gelten sie nun nicht mehr als haftende Störer einer Urheberrechtsverletzung.